Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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eins, als das eine sehnsiichtige Menschentum, das sich zusammenschlieBen will - und nichts anderes will als diesen ZusammenschluB in jeglichem Augenblick bewahren. „Ich weiB es, daB ich mein Leben nicht heraus- schneiden kann aus den Schicksalen, mit denen es verwachsen ist; aber ich muB die Kraft finden, es ganz, wie es ist, mit allem, in eine Ruhe hineinzuheben, in eine Einsamkeit, in die Stille tiefer Arbeitstage: nur dort wird mich alles finden, was Du mir verheiBen hast (Oberneuland, 11. August 1903.) Aus seinem unbeirrbaren Verlangen nach solcher Einheitlichkeit, die auch sein Kiinstlertum mit umgriffe, erwachst seine ungeheure Gewissenhaftigkeit. Ihm, der zu schicksalhaft empfand, um ein Mensch der Schuldzwiespalte zu werden - also jener Erschwerun- gen und Erleichterungen, vermoge deren man sich be- straft und befreit -, ihm verlegte sich alles Gewissens- maBige auf die Bereitschaft. Er kannte sie von der pro- duktiven Stunde her, der nicht zu befehlen moglich, aber zu gehorchen notwendig ist. Sein - um ein viel miBbrauchtes Wort dafur einzusetzen - Ethos sam- melte sich um die Bereitschaft wie um eine Emp- fangnis, die immer und liberall ihn dort antreffen sollte, wo nichts ihr Fremdes oder Feindliches ihn besetzt hielt, ihn an Zufalliges und Abhaltendes ver- streute.