Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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andrang. Sogar an seinem Schweigen daruber war es irgendwie beredt geworden. Hier aber bin ich bei dem, was letztlich allein er- klart, wodurch von Rilke eine so iiberlegene Wirkung auf andere ausgehen konnte. Warum er, der so oft Ratlose, Klagende, so vielen Berater, Heifer, ja Fiihrer erschien, ohne den eine ganze Gemeinde sich ver- waist vorgekommen ware und haltberaubt. Das war, weil, noch aus den Lochern und Fetzen seiner eigenen Zerrissenheit, eine innere Grandiositat sich entbloBte, die ermutigte und hinriB. Nichts ware falschender und beirrender, als sein Bild sich vorwiegend aus seinen Klagen, seinen Enttauschungen an sich selber zu formen. Man muB dabei standig vor Augen be- halten, daB das, was sein Wesen in dessen Stetigkeit und Tiichtigkeit am hartesten bedrangte, eben seines Wesen kiinstlerische AuBerordentlichkeit war. Auch war sein Menschentum selbst, noch unter Abstrich des rein Dichterischen, in sehr groBen Dimensionen umrissen. Vor allem war es „voll des Geistes“ — in einem geistvollen Durchdrungensein, das Rilke auch auf ganz abliegenden Gebieten zur Bedeutung hatte fiihren miissen. Das auBerte sich iiberzeugend bereits in fruhen, beinahe noch knabenhaften Jahren, wo sein dichterisches Konnen noch hie und da in Oefuhls- tiberschwang aufflog. Wer ihn jemals eingehender sprach, muB den Eindruck davon erfahren haben. In