Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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iiber Hellerau gereist waren), fand ich in mein Tage- buch Goethes Bemerkung aus der „Italienischen Reise“ eingetragen: „denn wir ahnen die furchtbaren Bedingungen, unter welchen allein sich selbst das entschiedenste Naturell zum Letztmoglichen des Gelingens erheben kann .. Hin und wieder kamen getrostere Briefe. Oder, wenn sie auch diistereBedenken gebeichtet batten, schlossen sie mit einem Wort, dem man das Lacheln anmerkte, womit er sich dann zufrieden gab: „So, - nun hat Dein alter Maulwurf Dir wieder ein- mal was vorgegraben und lauter dunkles Erdreich aufgeworfen, quer liber einen guten Weg. — Zu Dir red ich so Inneres, wie die Menschen im Alten Testa¬ ment, ein ganzes Spruchband: denn was da in Deines Lebens brennendem Dornbusch steht, das ist genau das, was auch liber mich Macht haben soll.“ Im Juli 1914 weilte Rilke abermals in Gottingen, und ich entsinne mich der Stunden, in denen wir heiter miteinander waren. Seine IibergroB werdenden Augen wurden dann schmal, und von ihm ging echter Humor aus, voll Kindlichkeit, die einem das Herz froh machen konnte. Unendlich frlih des Morgens waren wir auf, wanderten barfuB durch taunasse Wiesen, wie es seit den Wolfratshausener Tagen unser gemeinsames Ver- gnligen blieb. Der Juli damals war heiB und klar, reich an Beeren und Rosen und gesattigt von Sonne.