Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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Angste, die mir aus jedem Tage zufielen, riihrten hun- dert andere Angste an, und sie standen in mir auf wider mich und vertrugen sich, und ich kam nicht liber sie hinaus. Im Bestreben, sie zu formen, wurde ich schopferisch an ihnen selbst; statt sie zu Dingen meines Willens zu machen, gab ich ihnen nur ein eigenes Leben, das sie wider mich kehrten und mit dem sie mich verfolgten weit in die Nacht hinein. Hatte ich es besser gehabt, stiller und freundlicher, hatte meine Stube zu mir gehalten und ware ich ge- sund geblieben, vielleicht hatte ich es doch gekonnt: Dinge machen aus Angst. „Einmal gelang es, wenn auch nur fur kurze Zeit, als ich in Viareggio war; zwar brachen die Angste dort los, mehr als vorher und iiberwaltigten mich. -Aber es kam doch. Gebete sind dort entstanden, Lou, ein Buch Gebete. Dir mu8 ich es sagen, weil in Deinen Handen meine ersten Gebete ruhen, an die ich so oft gedacht und an denen ich mich so oft aus der Feme gehalten habe. Weil sie so groBen Klanges sind und weil sie so ruhig sind bei Dir (und weil niemand auBer Dir und mir von ihnen weiB), darum konnte ich mich halten an ihnen- „Denn sieh, ich bin ein Fremder und ein Armer. Und ich werde vorubergehen; aber in Deinen Handen soil alles sein, was einmal hatte meine Ffeimat werden konnen, wenn ich starker gewesen ware.“