Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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oder gar noch besser. Man verstand das unmittelbar, wenn man ihn betrachtete: den Untersetzten, Stark- nackigen, Sinnen- und Geiststrotzenden, etwas wie eine brutale Kraft und durchgeistet in gleicher Unge- hemmtheit, als konne nur Macht von ihm ausgehn. Rilkes Mannheit war die andere, die gerade daran aktiv wird, daB sie ihre Totalitat zusammenhalt, daB sich zum Zeugnis ihrer schopferischen Kraft beide Geschlechtlichkeiten in eins vereinigen und daB alles, was dabei zur Seite oder anders verwendet bliebe, einen Abbruch, eine Minderung bedeuten rniiBte, denn Werk bedeutet hier mehr noch als Mensch. Freilich ist iiberhaupt alles Schopferische nur etwas wie ein Name fur die Reibung des Doppelgeschlechtlichen in uns, aber die Abstufungen darin sind verschieden, und man versteht, wie das maskuline Moment bei der geistigen Schopfung das wichtigere, iiberwiegendere bleiben muB durch seine freiere Struktur, die der Leib- lichkeit ihr Recht auBerhalb belaBt, wahrend ein groBer ZuschuB des Weiblichen in einen Leibgeist-Zwiespalt hineinreiBen kann, wie in ein undarstellbares Verlangen nach Schwangerschaft. Jedenfalls trug die tiefere Verschiedenheit beider Naturen dazu bei, daB das wundervolle Band zwischen ihnen briichig wurde und fast riB. Auch gerade dazu, daB Rilke es schlieBlich vielleicht an geniigender Ein- fiihlung in den andersgearteten groBen Freund fehlen