Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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stark, das Gefiihl, vergessen zu sollen, was geschehen, als rniiBte sonst die Wirklichkeit selbst daran ge- spenstisch werden. So schildert Rilke nach dem Krieg (1920, aus SchloB Berg im Kanton Zurich) einen Ein- druck, den die Wiederkehr nach Venedig ihm gemacht, wo er sich in der Vorkriegszeit mit Fiirst und Fiirstin von Thurn und Taxis und dann mit der Duse aufge- halten hatte: „Mein Wunsch, alles unverandert zu finden, mog- lichst unverandert, ging so wortlich in Erflillung, daB man immerfort am Rande stand, fiber die unsaglichen Jahre hiniiber, die bloBe Wiederholung, das Noch- einmal zu erleben, was in unheimlichster Weise mog- lich war: denn die Umstande wurden ja immerfort auf ihre Gleichheit hin angesprochen, das Herz aber, dessen Angehaltensein wahrend der Kriegsjahre Schuld trug, daB es auch sein AuBerstes und Leb- haftestes war, unverwandelt zu sein, - nahm das von einsther Gleiche auch in der gleichen Verfassung hin: und da brach eben jene Nichts-als-Wiederholung herein, die mich beinah mit Entsetzen erftillte, wenn ich sie nur von feme voraussah. Als ich zu allem UberfluB erfuhr, die Duse sei angekommen, krank, um in Venedig Wohnung zu suchen, da schien mir, daB auch nun dieses sich wiederholen sollte, so fiirch- terlich, daB ich von einem Tag zum andern davon- reiste und zuriick in die Schweiz.a