Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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Landarzt zu werden, hatte er als Knabe, noch als Jung- ling, ersehnt - wobei „Land“ hier steht fur Einklang mit aller Natur und „Arzt“ fiir die Biirgschaft, daB Gesundung zu erreichen und immer neu an andern zu erweisen moglich sei. Aber ebenfalls 1912 waren die beidenersten Elegien ins Dasein gerettet worden, die er im vorhergehenden Brief erwahnt. Und damit war der Dichter unter alien Umstanden, selbst drangsaldrohendsten, seiner Be- rufung gerettet. Uberlegt man jedoch die Lange der Zeit - die annahernd zwei Jahrzehnte die ihn noch trennen sollten von dem ZusammenschluB der Ele¬ gien, so ahnt man, was zutiefst in ihm anrang gegen diese seine Berufung, ahnt den heimlichsten Sinn des „Nicht-mehr-schreiben-Wollens“. Das Malte-Buch stellt in der Tat eine „hohe Wasserscheide“ dar, die Entscheidung: ob das „maBlose Armsein“ zu leisten moglich sei, der Verzicht auf eigenen Natur-Einklang, die Selbstopferung fiir die Werk-Wirkung auf andere. Eine von Rilkes Dichtungen aus den Jahren vor- her wurde veranlaBt durch eine verwandte Konflikt- lage zwischen Kunst und Leben: das ist sein „Re- quiem“ soweit es sich auf Paula Moderson-Becker bezieht. DaB sie aus ihrem Schaffen gerissen wurde und in den Tod, infolge der Geburt des - von ihr ersehnten - Kindes, das wiihlte in ihm seine geheimste eigene Fragestellung an das Leben auf. In der Mutter-