Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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kommling, der Kunst, nichts ist als Ausdmcksmittel, zu Diensten des Starksten in uns, des Ungeniigsam- sten am Vorhandenen. Immer ist sie die unablassig neu geschlagene Briicke zwischen - um bei des Dich- ters Bezeichnungen zu bleiben - dem uns „Saglichen“ und dem uns „Unsaglichen“; immer die unabweis- bare Erganzungsmethode am Realen und Rationalen, als stamme alle Phantasie aus einem breitern Wissen, bei dem Logik und Praktik des Daseins nur nicht exakt genug mittun konnen. Nun kann ihr Abkomm- ling, die Kunst, darin zu weit gehen, statt bloBer Briicke den weiterreichenden Weg selber darstellen wollen: sie kann entweder das Kunstwerk schadigen, indem die realen Lebensinhalte sich einseitig dessen be- machtigen, oder sie kann, umgekehrt, dem bewuBten Menschenleben nicht genugtun, indem sie seine In¬ halt e zu sehr entleert in die symbolhaften Hinweise ihrer Formungen. Entweder also erdreistet das „Sag- liche“ sich in ihr, mehr sein zu wollen als das sin- nenfallige Bild und Zeichen fur den Ausdruck unse- rer stummsten, stillsten Eindriicke, und setzt sich statt dessen larmend an deren Stelle, oder wir iiber- sehen, daB „kiinstlerische Formunguals solchebereits des Unsaglichen Inhalt entspricht, und verselbstan- digen sie zu auBerlicher Form, zur bloBen Artistik. Alle Kunst steht in der Gefahr, zwischen Tendenz und Artistik um ihren vermittelnden Sinn gebracht