Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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liche - Rache fur die gewaltige Konsistenz, Leibhaftig- keit, Vorhandenheit, welche die Engel ihrerseits fiber kiinstlerische Erschaffung hinaus in sich eingesogen haben. Es ist etwas daran, was sogar die Strecke des ganz individuellen Erlebens und Erfahrens, noch getrennt von der abgriindigen Tiefe, doch schon ebenfalls zunichte macht, was ihren Entwicklungs- sinn von ihr ablost und ihn ins Bodenlose wegsacken laBt - was ihn fur das Auge zu bloBem Schein, zu Tauschung verfluchtigt. Hie und da, seit die „Ele- gien“ in Rilke umgingen, wurde in ihm eine ahn- liche Befiirchtung wach. Er auBerte sie wiederholt, (1914 auch einmal brieflich aus Paris vom8.Juni), daB er sich manchmal nur noch erblicke „wie in einer Museumsvitrine. Das Glas spiegelt, und ich sehe darin nichts als mein Gesicht, das alte, friihere, vorvorige, - das Du so genau kennst “ Dann schienen Vergangenheit und Zukunft in einen diinnen Strich zusammenzuriicken, dem keinerlei Gegenwartsbreite mehr verblieb, in einen Gespenster- strich, der leugnete, daB sich etwas ereignen konnte oder ereignet hatte. Dann griff Schrecken ans Herz, gleich jenem Schrecken etwa, der Rilke aus dem Nach- kriegs-Venedig gejagt hatte, weil sich dort, unter Weg- leugnung all des Dazwischengelegenen, sein Vor- kriegs-Aufenthalt gleichsam gespenstisch hohnisch zuriickzuspiegeln schien.