Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.

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wo ist das Handwerk meiner Kunst, ihre tiefste und geringste Stelle, an der ich beginnen diirfte, tiichtig zu sein? Ich will jeden Ruckweg gehen, bis zu jenem Anfang hin, und alles, was ich gemacht habe, soil nichts gewesen sein, geringer denn das Fegen einer Schwelle, zu der der nachsteGast wieder die Spur des Weges tragt“ In diesem Brief (vom achten August 1903 aus Ober- neuland) reiBt die Sehnsucht nach seinem eigenen eigentlichen Auftrag sich los von allem andern, will bedenkenlos nur noch das Ihre: „Denn nicht wahr, Lou, es soil so sein; wir sollen wie ein Strom sein und nicht in Kanale treten und Wasser zu den Weiden ftihren? Nicht wahr, wir sollen uns zusammenhalten und rauschen? Vielleicht diirfen wir, wenn wir sehr alt werden, einmal, ganz zum SchluG, nachgeben, uns ausbreiten und in einem Delta mtinden ... liebe Lou!“ Dann wieder driickte es ihn zu Boden, keine Ver- antwortung tragen zu konnen fur Obernommenes, niemandes Halt werden zu konnen: „Friiher glaubte ich, das wiirde besser, wenn ich einmal ein Haus hatte, eine Frau und ein Kind, Wirk- liches und Unleugbares; glaubte, daB ich sichtbarer wiirde damit, greifbarer, tatsachlicher. Aber, sieh, Westerwede war, war wirklich: denn ich habe selbst das Haus gebaut und alles gemacht, was darin war.