Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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NlCHT so ausschlieBlich, wie man oft meint, ist „Nachtrauer“ rein gefiihlsmaBiges Besetztsein: es ist mehr noch eine Unablassigkeit des Verkehrs mit dem Entschwundenen, als nahere er sich. Denn durch den Tod geschieht nicht bloB ein Unsichtbarwerden, son- dern auch ein neues Insichtbarkeittreten; nicht nur wird hinweggeraubt, es wird auch auf eine nie er- fahrene Weise hinzugetan. Von dem Geschehen an, das die flieBenden Linien fur unser Auge er- starren macht, an denen das standige Wandeln und Wirken einer Gestalt sich auBerte, geht oft erst ihr Inbegriff in uns auf - dasjenige daran, zu dessen Total-Erfassung durch uns der zeitliche Daseinsablauf nicht still hielt. Und dieser neue Vorgang findet statt als dasselbe unwillkiirliche Miterlebnis wie zur Zeit des person- lichen Austausches, ergibt sich nicht aus absichts- voller, trosten oder feiern wollender Gedankenan- strengung. Nicht einmal unterbrechbar durch die sich zwischenschiebenden Anlasse sonstiger Erleb- nisse oder Eindriicke geht solche leidenschaftliche