Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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In jener ersten Pariser Zeit lernte er durch seine
Frau Clara bereits Auguste Rodin kennen. Von An-
fang an war der Eindruck fur ihn entscheidend: er
war es in dem Sinn, daB die Vornanstellung des
Klinstlers, liber alles Sonstige hinaus und hiniiber,
ihm selbstverstandlich wurde. So beschreibt er die
ersten Eindriicke im Riickblick von 1903:
„Als ich zuerst zu Rodin kam und drauBen in Meu-
don bei ihm fruhstiickte,-mit Fremden, an einem
Tische, da wuBte ich, daB sein Haus nichts fur ihn
war, eine kleinearmseligeNotdurft vielleicht, ein Dach
fur Regen- und Schlafzeit; und daB es keine Sorge
war fur ihn und an seiner Einsamkeit und Sammlung
kein Gewicht. Tief in sich trug er eines Hauses Dunkel,
Zuflucht und Ruhe, und darliber war er selbst Him-
mel geworden und Wald herum und Weite und groBer
Strom, der immer voriiberfloB.“
Er gab unumschrankt zu:
„Sein tagliches Leben und die Menschen, die hin-
eingehoren, liegen da wie ein leeres Bette, durch das
er nicht mehr stromt; aber das hat nichts Trauriges
an sich: denn nebenan hort man das groBe Rauschen
und den gewaltigen Gang des Stromes, der sich nicht
an zwei Arme teilen wollte.
„Und ich glaube, Lou, so muB es sein; dieses ist
ein Leben und das andere ein anderes, und wir sind
nicht gemacht, zwei Leben zu haben.“