Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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hebt die zehnte Elegie an, deren Fragment ein friihes,
friihestes ist - Aufrecht stand er, klaglos fest in der
Mannhaftigkeit, die die seine war.
Denn nicht Mittler sind diese Engel, und das ist
wichtig. Nicht vermittelnde Heilige oder Erloser gab es
furihn, mochte selbst der Engel Name ihm aus seiner
katholischen Kindheit zugeflogen sein. „Gott“ blieb
ihm jederzeit die Namengebung fur das All-einheit-
lichste; wenn im „Stundenbuch“ Gott nur als „Nach-
bar“ ansprechbar ist, weil schon die schmalste Ent-
fernung von ihm eine absolute wiirde, hoffnungslos
uniiberbruckbare Feme, so legt sich statt dessen hier,
vor das erneute Hochgerissensein der Himmel iiber
den Erden, gleichsam der Engelhorizont, eine optisch
einigende Tauschung: die zugleich den Blick vom
Weitern abschlieBt am Eindruck der blendenden
Schwingen. Der im „Stundenbuch“ zutraulichste und
standigste Anruf - man darf davon sagen: zu standig
und vertraut, um noch irgend etwas aus ihm auszu-
lassen, geschweige denn ihn jemals „unniitzlich“, miB-
brauchlich fiihren zu konnen - ist hier so unnenn-
bar geworden, als habe sich sein Wortlaut an der
Engel Fltigelschlagen, Schwingenrauschen iibertont.
Und doch heiBt es mit Recht: „-weh mir, ansing
ich euch,-wissend um euch.-Wer seid ihr?
Friihe Gegliickte, ihr Verwohnten der Schopfung,
Fiohenzlige, morgenrotliche Grate