Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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sich steigern in dem MaBe, wie der reifende Mensch zum Schaffenden, im Sinn des Werkes, wird - was recht eigentlich heiBt: schmarotzen am personlichen Wohl, sich vampirhaft gegen das benehmen, was den korperlichen ZusammenschluB am unmittelbarsten verbiirgt. Fur Rilke wurde seine Korperlichkeit mehr und mehr der Leidtrager fur alles, der fragwiirdige Punkt, obgleich in ihm selbst keine Spur von aske- tischen Neigungen vorhanden war, sondern jene voile Freude an allem Sinnlichen, Sinnenfalligen, die der Ktinstler gar nicht entbehren kann. („Freude umzu- setzen, das ist ja Zweck aller Kunstarbeit“; Brief vom 23.Nov. 1905.) Aber daB das Leibliche beim Schaffens- gluck nicht mittat, verstorte ihn je langer, je mehr, es enthielt ihm die Eindeutigkeit und Einheitlichkeit vor, nach der allein alles in ihm verlangte. Was anfangs von ihm noch als ein von auBen Widerfahrendes emp- funden wurde, als aufgedrungener Verzicht, das wird nach vielen Jahren endlich zu allerlei MiBtrauen wider sich selbst, wenn jeder Aufschwung sich durch um so anhaltendere Obermiidbarkeit rachte, ihm in den Pausen mit Beschwerden zusetzte, anstatt ihm Er- holung und Kraftesammlung zu gonnen. Deshalb sieht er spater auf diese Jiinglingsjahre sehnsuchts- voll zuriick wie auf nicht mehr einholbar Schones: „Ach wie war ich in meiner Jugend Eines, bei aller Not, im ganzen unkenntlich, aber dann auch im gan-