Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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Verbriiderte aus der Gottkindschaft des „Stunden- buchs“. Die Inbrunst der Erinnerungen quillt fiber: sollte es nicht das Heimlichste, Heimatlichste dieser Erde sein, ihre Sinnfalligkeit aufzuheben, aufzugeben ins Unsichtbare als das dennoch Unsrigste: „Erde, ist es nicht dies, was du willst: unsichtbar in uns erstehn?.... Was, wenn Verwandlung nicht, ist dein drangender Auftrag? Erde, du liebe, ich will!“ Erzitternd steht da eine Hoffnung: eine Liebe zu Erde und Kreatur und zum letzten Staub des Weges noch, als zu Geliebtem, mit dem Herzen UmfaBtem, das nie und nimmer allein eingehen mochte in die Herrlich- keit der Engel, das nicht fur sich allein zagt und ftirchtet, weil es sich nur als Ganzheit begreifen kann. Aber die Gewalt dieser Inbrunst erreicht nicht die Engel, die „fast todlichen Vogel der Seele“. Denn „jeder Engel ist schrecklich“. Und erschiitternd bricht der Schrei aus, nach aller Miihe, klaglos zu verhalten „den Lockruf dunkelen Schluchzens“: „Wer, wenn ich schriee, horte mich denn aus der Engel Ordnungen? Und gesetzt selbst, es nahme einer mich plotzlich ans Herz: ich verginge vor seinem starkeren Dasein.“ (Erste Elegie.) Fragt man aber, wodurch das „starkere Dasein“