Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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konnte es fast nennen: - Entwicklungslose, von all-
mahlicher, zu erhoffender Entwicklung gar nicht erst
Abhangige, dies Gegenwartige und sichtbarlich „Vor-
handene“ in ihm, machte den unsinnlichen Zauber
seiner Junglingshaftigkeit aus.
Es erklart auch, warum er schon am Beginn seiner
zwanziger Jahre sich nicht mit weitreichenden Lebens-
planen trug, mit ungeduldigem Verlangen nach der
Erfahrungsfiille, die drauBen seiner harren mochte,
in „dem roten Gewaltsamen, das so Viele das Leben
hei6en“, wie er in einem der altesten Briefe vermerkt.
Nur nicht „in Stiickwerk zerren“ lassen, was, in Sicher-
heit und Geschlossenheit, ihm innerlich anvertraut
war, sondern, wenn moglich, damit „unter ein Dach
treten“, - so war er gesonnen, ohne sich fur sich
selbst zaghaft zu fiihlen. Er war wie jemand, der in
beiden Handen, vorsichtig und ehrfurchtig, ein kost-
bares GefaB tragt und vermeidet, was es schwanken
machen, dran stoBen kann: denn von auBen her
konnte dergleichen ohne seinZutun geschehen: nach
auBen ist er ungesichert. Genauer ausgedriickt: er ist
es letzten Endes in seiner Korperlichkeit - in dem
Geschehen, das sich, unabreiBlich, als letztes AuBen
ihm selbst einheftet, festhaftet an ihm, auf keinerlei
Weise sich restlos ins innige und innerliche Erlebnis
aufheben laBt. Es ist kein Zweifel, daB ihm die Be-
fiirchtungen, bezogen auf sein leibliches Befinden,