Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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ihm selber aber druckte es sich als eigenes Unge-
niigen, als ein Erkenntnishunger und Wissensdrang
erster Ordnung aus. Und zwar war das in ihm eben-
sowohl Antrieb zu exakten Bewaltigungen ersehnter
Spezialstudien wie „faustisch“ angetrieben. (Schon in
den friihen Briefen zahlt er als am dringendsten be-
notigt auf: „Geschichte, Physiologie, Biologie, experi-
mentelle Psychologie, etwas Anatomie, Grimmsches
Worterbuch nicht zu vergessen usw.“ Ein ander-
mal Mathematik, das Studium des Arabischen, alter
Sprachen iiberhaupt, neben dem der Antike im kunst-
historischen Sinn und der mittelalterlichen Geistes-
werke.) Wenn es ihn heftig und bitterlich schmerzte,
darin nicht leistungsfahiger zu werden, so deshalb,
weil er gar nicht umhin konnte, alles in einem Ziel
zusammenzufassen, nichts als Nebenbeschaftigung
oder nebensachlich anzusehn. Von Beginn an schien
es ihm nichts zu geben, was dem Schaffen nicht
mitdienstbar wiirde, ja, wie das Handwerkliche an
der bildenden Kunst erst schopferisch festige zum
Werk.
„Liegt das Handwerk vielleicht in der Sprache selbst,
in einem besseren Erkennen ihres inneren Lebens und
Wollens, ihrer Entwicklung und Vergangenheit? —
- Liegt es in irgendeinem bestimmten Studium, in
der genaueren Kenntnis einer Sache?-Oder liegt
es in einer gewissen, gut ererbten und gut vermehrten