Rainer Maria Rilke / Lou Andreas-Salomé.
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noch, wenn er am Boden lag, war dies: nie gab es jemanden, der heiligere Sorgen hatte als er. Mit den Jahren stieg seine Ungeduld mit sich: „Wiederanfangen. Freilich, schon beim Schulheft half es dann, eine neue Seite aufzuschlagen; diese hier — steht nun wirklich voll der beschamendsten Fehler, rot tiber rot, und wo einer noch von selbst ausblieb vorher oder sich besann, da steht das end- lich Richtige iiber einer fast ganz durchradierten Stelle, auf dem Flautchen eines Lochs.“ (Paris, rue Cam- pagne premiere, 1913, 21. Oktober.) SchlieBlich gab es wohl keine Not, selbst grausigste, die er nicht auf sich genommen hatte furs Gelingen; langst ftirchtete er nicht sie mehr. Anderthalb Jahr zu- vor (aus Duino, im Marz 1912) bemerkt er: „Friiher hats mich zuweilen gewundert, daB die Heiligen so darauf hielten, sich korperliche Ubel- stande zuzumuten, jetzt versteh ich, daB diese Lust zu Schmerzen, bis hinein in die Qualen des Marty- riums, eine Eile und Ungeduld war, auch vom Argsten, das von dieser Seite kommen kann, nicht mehr unter- brochen und gestort zu sein “ 1m gleichen Brief steht auch: „lch sehe manchen Tag alle Kreatur mit der Sorge an, es konnte in ihr ein Schmerz ausbrechen, der sie schreien macht, so groB ist meine Angst vor dem MiBbrauch, den der Korper in so vielem mit der Seele